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LISA: Ist der Benefit so groß wie erwartet? Daten der größten bisher publizierten LISA-Kohorte

 

 

Date: 28.06.2019

Einem Frühgeborenen mit Atemnotsyndrom Surfactant zu verabreichen, ohne zuvor intubieren zu müssen, ist das Ziel von LISA (less invasive surfactant administration). Dabei wird Surfactant unter kontinuierlicher CPAP-Atemunterstützung über eine dünnlumige endotracheale Sonde verabreicht. Das Verfahren ist in vielen deutschen Kliniken routinemäßig im Einsatz und senkt erwiesenermaßen die Notwendigkeit der maschinellen Beatmung bei spontan atmenden Frühgeborenen. In einer großen Kohortenuntersuchung des Deutschen Frühgeborenen-Netzwerks GNN wurde nun untersucht, ob und inwiefern dies die Mortalität und Morbidität der Kinder verbessert.

Während des Beobachtungszeitraums wurden Daten von insgesamt 7.533 Frühgeborenen mit Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm (very low birth weight; VLBW) mit einem Gestationsalter zwischen 22 und 28 Wochen analysiert. Von diesen Kindern kamen 1.214 ganz ohne Surfactant aus, 2.624 erhielten es mit dem LISA-Verfahren, während 3.695 dazu intubiert und beatmet wurden.

Die mit LISA behandelten Kinder überlebten häufiger und erlitten seltener eine bronchopulmonale Dyplasie (BPD), höhergradige intrazerebrale Blutungen (ICH) und behandlungsbedürftige Frühgeborenenretinopathien (ROP), klinische Sepsis und Lungenentzündungen. Einziger Wermutstropfen: Die Rate an fokalen intestinalen Perforationen (FIP) war bei diesen Kindern etwas höher – insbesondere bei VLBW-Frühgeborenen mit einem Gestationsalter unter 26 Wochen.

Bisherigen epidemiologischen Untersuchungen zufolge treten FIP mit einer Inzidenz von 2 – 3 % bei VLBW-Frühgeborenen auf und manifestieren sich überwiegend im terminalen Ileum. Das Risiko steigt mit der Unreife des Kindes – für extrem unreife Frühgeborene mit unter 1.000 Gramm Geburtsgewicht (extremely low birth weight, ELBW) verdoppelt es sich auf 5%. Besonders gefährdet sind Kinder mit intrauteriner Wachstumsverzögerung. Aus epidemiologischen Untersuchungen weiß man, dass FIP sowohl die Sterblichkeit als auch die Langzeit-Morbidität signifikant erhöht.

Unter den VLBW-Frühgeborenen des GNN, die kein Surfactant benötigten, war die FIP-Rate mit 1,2 % vergleichsweise niedrig, stieg aber bei Surfactantbedarf auf 4,0 (Intubation) bzw. 4,3 % (LISA). In der Subgruppe der Frühgeborenen mit Gestationsalter unter 26 Wochen lag das FIP-Risiko nach LISA mit 10,0 % deutlich über dem Risiko von 7,4 % nach Intubation.

Dass es einen direkten Kausalzusammenhang zwischen dem LISA-Verfahren und der Pathogenese der FIP gibt, bezweifeln die Autoren allerdings, sondern würden die Ursachen eher im applizierten CPAP-Level und der dadurch verursachten abdominellen Distension suchen. Darüber hinaus weiß man, dass CPAP den prä- und postprandialen intestinalen Blutfluss beeinträchtigen kann. Dass insbesondere Frühgeborene mit sehr niedrigem Gestationsalter gefährdet sind, könnte darauf beruhen, dass bei ihnen häufiger Hypoxien mit temporärer Entsättigung auftreten, die auch transiente Darmischämien nach sich ziehen können.

Eine Stärke der vorliegenden Untersuchung ist ihre große Patientenzahl: Die über 2.500 LISA-behandelten Frühgeborenen sind die größte bisher beschriebene Kohorte weltweit. Einschränkend muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich ausschließlich um Beobachtungsdaten handelt – entsprechende randomisiert-kontrollierte Studien sind daher dringend empfohlen.

Referenz: Härtel C, Paul P, Hanke K, et al. Less invasive surfactant administration and complications of preterm birth. Sci Rep 2018; 8: 8333